Langgöns (ikr). Im Jahr 774 ist Karl der Große seit sechs Jahren Herrscher des Fränkischen Reichs, zu dem auch das heutige Hessen gehört. Im südhessischen Lorsch weiht er persönlich die Klosterkirche ein. Im selben Jahr schenkt ein gewisser Giselbert diesem Kloster unter anderem zwei Hofreiten. Sie liegen im Bereich der „Cleheimer marca“. Heute heißen die Dörfer an dieser Stelle Oberkleen und Niederkleen. Die Siedlungsstruktur war damals noch offener in der Landschaft, die Ortskerne, wie man sie noch heute kennt, bildeten sich erst etwa 300 Jahre später heraus. Die Ersterwähnung der „Cleheimer marca“ im heute weltberühmten Lorscher Kodex ist im kommenden Jahr 1250 Jahre her. Alle anderen Langgönser Ortsteile werden erst später erwähnt. Das Jubiläum wird mit aktuell 13 geplanten Veranstaltungen unter dem Motto „Cleeheim 774“ gewürdigt.
Es soll ein Festjahr werden, das in beiden Orten Geschichte auf verschiedenste Weise erlebbar macht, ein Festjahr für alle Generationen, das den Wert der Gemeinschaft vermittelt und bekräftigt. „Solche Feste sind wichtig, um den Wert von Ortsgemeinschaften zu erkennen“, ist der Langgönser Bürgermeister Marius Reusch überzeugt. „Der Begriff ‚Cleeheim 774‘ soll sich etablieren, wir haben ihn bewusst gewählt, um für das Jubiläum eine eigene Bezeichnung zu haben und uns damit von dem Begriff ‚Kleenheim‘ abzugrenzen“, sagt er. Gemeinsam mit Martin Hanika, Doris Müller-Heinz und Joachim „Jogi“ Röhrig als Vertreter des Festausschusses stellt er das Programm vor und wirbt um weitere Mitwirkende aus beiden Orten für die einzelnen Arbeitsgruppen. Eines ist dem Rathauschef dabei besonders wichtig: „Ich bin heute nicht als Bürgermeister hier, sondern als Oberkleener, der gemeinsam mit Menschen aus den beiden Ortschaften etwas auf die Beine stellen möchte.“ Das Jubiläum werde aus den Orts- und Vereinsgemeinschaften heraus organisiert und sei auch keine Veranstaltung der Gemeinde Langgöns, sondern werde von ihr lediglich unterstützt, so wie die Jubiläen in den anderen Ortsteilen der Gemeinde zuvor auch.
„Von Anfang an bestand in beiden Orten ein großes Interesse. Es ist ein schöner Gedanke, dass die Dörfer zusammen feiern“, freut sich Reusch. Im vergangenen Herbst hatte sich aus einem ersten Treffen der Vereinsvorstände heraus der Festausschuss gebildet, der aktuell aus rund einem Dutzend Mitgliedern besteht. Besonders „charmant“ findet es der Bürgermeister, dass sich zwischen den Vereinen jeweils Tandems gebildet haben, von denen die jeweiligen Veranstaltungen gemeinsam organisiert werden. Die Messlatte liegt dabei hoch: „Vor 50 Jahren wurde das 1200-Jahr-Jubiläum bei einer großen Feier sehr intensiv gewürdigt, wer dabei war, denkt heute noch sehr gerne daran zurück“, erinnern Martin Hanika und Jogi Röhrig. „Das Fest war legendär“, ergänzt Doris Müller-Heinz. „Nun sind wir 50 Jahre weiter, das ist ein Anlass, nicht nur auf die 1250 Jahre, sondern insbesondere darauf zurückzublicken, was seit 1974 passiert ist“, unterstreicht Hanika. Ende 1971 hatte es den Zusammenschluss von den bis dahin selbstständigen Gemeinden Niederkleen und Oberkleen zur neuen Gemeinde Kleenheim gegeben, die bereits Anfang 1977 im Rahmen der kommunalen Neugliederung wieder aufgelöst wurde. Die beiden Dörfer gehören seitdem zur Gemeinde Langgöns. In die nur fünf Jahre dauernde Kleenheim-Zeit fiel das damalige Jubiläum. Eine von Karl Glaum verfasste Festschrift dokumentierte seinerzeit die Historie der beiden Orte. Basierend auf dieser Publikation wird unter Federführung von Martin Hanika erneut ein Buchprojekt als wichtiger Teil des anstehenden Jubiläums vorbereitet. „Die Chronik von 1974 soll damit fortgeschrieben werden“, verrät er. Dokumentiert werden soll der Wandel der vergangenen 50 Jahre hinsichtlich der Veränderungen im Arbeitsleben, in der Dorfgemeinschaft, bei Vereinen, dem Freizeitverhalten, Wohnen und auch beim Dialekt und den Traditionen. „Dialekt kann heute kaum noch jemand“, bedauert Doris Müller-Heinz. Für die Publikation werden noch historische Fotos aus beiden Dörfern gesucht, die Ortsbild- und Ortslebenstypisches darstellen. Darüber hinaus sollen Informationen mit einem Podcast medial erlebbar gemacht werden.
„Das könnte ein vielfältiges Festjahr werden, wir haben eine gute Mischung aus kleinen und großen Veranstaltungen, Historischem, Geselligem, Musik und Sport, viele orientieren sich an bereits etablierten Events“, kündigt Marius Reusch an. Los geht es am 26. Januar mit einem Festakt im Rahmen des Neujahrsempfangs der Gemeinde Langgöns. Im April soll das Buchprojekt im Rahmen eines Vortragsabends vorgestellt werden. Am 1. Mai laden der TSV Oberkleen und die „Hüttenbiker“ Niederkleen zum Maiwandern mit einer Fahrrad-Grenz-Fahrt ein. Am 5. Mai ist ein Tag der offenen Höfe in Niederkleen geplant. Am 18. Mai soll im Rahmen des Pfingstturniers der SG Kleenheim ein Großfeld-Handballspiel „Oberkleen gegen Niederkleen“ ausgetragen werden. Am 1. Juni steht ein Grenz-Gang entlang der exakten Gemarkungen Ober- und Niederkleen an, der von der Wanderabteilung des TSV Oberkleen und des TSV Niederkleen organisiert wird. Am 9. Juni lädt der Heimat- und Geschichtsverein Oberkleen zum 1. Historischen Ortsrundgang im Rahmen des Jubiläums mit anschließender Bewirtung im Alten Rathaus ein. Am 22. Juni wird im Rahmen der jährlichen Sonnwendfeier auf dem Festplatz in Niederkleen D‘ Chor singen, außerdem ist die Egerländer Vertriebenengeschichte Thema. Am 13. und 14. Juli feiert die Freiwillige Feuerwehr Oberkleen ihr 90-jähriges Bestehen. Vom 2. bis 5. August richtet die Freiwillige Feuerwehr Niederkleen anlässlich ihres 90-jährigen Bestehens die Kirmes in Niederkleen aus. Dabei soll es am Sonntag einen Festzug beider Orte mit anschließendem Festprogramm geben. Am 1. September laden die Sangesfreunde Oberkleen zusammen mit weiteren Ortsvereinen zu einem Matinee-Konzert und Dorffest inklusive Tag der offenen Höfe ein. Für den 14. September ist der 2. Historische Ortsrundgang in Niederkleen mit anschließendem Museumsfest seitens des Niederkleener Geschichtsvereins geplant. Die letzte Veranstaltung und das Abschlussfest des Jubiläumsjahres soll am 5. Oktober das Weinfest des Gesangvereins Niederkleen bilden.
Bei den Terminen kann es möglicherweise noch zu Änderungen kommen, „uns war es aber wichtig, dass sie schon jetzt vorgemerkt werden können“, sagt Marius Reusch. Weitere Veranstaltungsvorschläge werden gerne entgegengenommen. Er hofft, dass das Jubiläum Anlass gibt, zurückzublicken, sich auch selbst zu vergewissern, was das Leben in den beiden Dörfern ausmacht und dadurch den Wert der Ortsgemeinschaften zu erkennen. „Schön wäre es, wenn sich viele, auch jüngere, für das Fest einbringen und dies auch darüber hinaus tun.“ Martin Hanika möchte auch einen Ausblick geben: „Das Fest kann Orientierung verschaffen, wie es weitergehen könnte, wohin man als Dorfgemeinschaft will, über die Standortbestimmung hinaus.“ Abschließend betont Marius Reusch:
„Unser Ziel ist erstens, Menschen aus den beiden Dörfern zum Mitmachen aufzufordern, und zweitens, dass uns viele Leute auch von außerhalb besuchen. Es gibt aktuell fünf Arbeitsgruppen, bei denen wir noch engagierte Köpfe und tatkräftige Hände gebrauchen können.“
Im Herbst wird außerdem bereits vorab eine Extra-Homepage für das Jubiläumsjahr eingerichtet. Ansprechpartner sind Marius Reusch (E-Mail: m.reusch@langgoens.de) und Jogi Röhrig (E-Mail: jogi.roehrig@googlemail.com)